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+++ MEINUNG +++

### Stellungnahme zum Treffen zwischen Dodik und FPÖ-Funktionären in Wien ###

Am vergangenen Montag fand in Wien ein Treffen zwischen einer Delegation aus Bosnien und Herzegowina, angeführt durch den Präsidenten des Landesteils Republika Srpska (RS), Milorad Dodik und Vertretern der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), vertreten u.a. durch Obmann Heinz-Christian Strache und den Vizebürgermeister Wiens Johann Gudenus, statt. M. Dodik hielt einen Vortrag über die seiner Meinung nach konstruktive Rolle Russlands in Südosteuropa, wie der öffentlich-rechtliche Sender RTRS berichtete. Die beiden Parteien tauschten sich aber auch über eine ihrer Ansicht nach drohende Islamisierung Europas aus. Laut J. Gudenus verfüge M. Dodik dieses Thema betreffend über viel Wissen, weshalb er froh sei sich mit ihm darüber ausgetauscht zu haben.


Sowohl H.-C. Strache als auch M. Dodik bezeichneten Bosnien und Herzegowina als ein künstliches Gebilde bzw. ein misslungenes Experiment. Ebenso machte M. Dodik hinsichtlich der Nationalratswahlen im Oktober eine Wahlempfehlung für die FPÖ.

 

Wir sind nicht verwundert, dass nationalistisch denkende Parteien freundschaftliche Beziehungen pflegen, solange es um ein gemeinsames Feindbild geht. Allerdings ist es doch überraschend, dass die FPÖ, eine österreichische Partei, die sehr viel Wert auf Geschichte legt, scheinbar vergessen hat, um welchen Feind es sich hierbei in erster Linie handelt. M. Dodik und seine Partei SNSD sind bekannt für eine Politik des Blockierens und entschiedenen Seperatismus, der mit dem Leugnen eines historischen bosnischen Staats, einer bosnischen Sprache, dem Volk der Bosniaken selbst und sogar des Genozids an den Bosniaken im vergangen Krieg von 1992-95, einhergeht. Seine politischen Ziele und Methoden tragen die Handschrift der alten nationalistischen Ideologie eines Großserbiens, auch Panserbismus genannt. Merkwürdig, dass also gerade der Präsident der RS Bosnien und Herzegowina als misslungenes Projekt bezeichnet, wo er doch selbst tagtäglich bewusst an diesem politischen Misslingen mitarbeitet.

 

Die Bewohner von Bosnien und Herzegowina sind seit über 500 Jahren zu bedeutenden Teilen Muslime, eines von mehreren alten muslimischen Völkern in Europa. Die Bosniaken, wie sie auf Deutsch auch bereits zu Zeiten der Donaumonarchie genannt wurden, waren ab 1878 auch Untertanen der Habsburger und damit Teil des Vielvölkerstaats Österreich. Unter Bosniaken verstand man in Österreich allgemein Menschen aus Bosnien und Herzegowina, unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Besonders bekannt wurden sie als Soldaten mehrerer Infanterie-Regimenter, welche zurecht als Elitetruppe galten und sich im Ersten Weltkrieg die höchsten Auszeichnungen erkämpften. Besonders namhaft ist hier die Schlacht um den Monte Meletta-Fior, den das bosnisch-herzegowinische Infanterie-Regiment Nr. 2 im Jahr 1916 unter hohen Verlusten gegen die Italiener erkämpfte. Damals war allen Bewohnern Bosniens Religionsfreiheit garantiert. Auch das österreichische Islamgesetz von 1912 geht auf die Bosniaken zurück. Was den Bosniaken jedoch lange verwehrt blieb waren Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Als Bosnien und Herzegowina im Zuge eines Referendums am 1. März 1992 seine Unabhängigkeit vom serbisch dominierten Jugoslawien erklärte, hatten serbische Nationalisten den Krieg bereits gründlich vorbereitet. Weite Teile des Landes wurden ethnisch gesäubert, 83% der ermordeten Zivilisten waren Muslime.

 

Es wirkt irritierend, dass die FPÖ-Elite all dies scheinbar vergaß und es nun vorzieht jene zu unterstützen, die sich Säbel rasselnd den Kampf gegen ein geeintes Bosnien und Herzegowina auf die Fahnen schrieben und Kriegsverbrechen leugnen und herunterspielen, die erst zur Teilung des Landes in die zwei Entitäten Föderation BuH und RS sowie den Distrikt Brčko führten. Die Grenzen dieser Landesteile verlaufen entlang im Krieg verbrecherisch geschaffener ethnischer Trennlinien, die jedoch heute aufgrund von Rückkehrern der einst Geflüchteten nicht mehr ganz so klar sind wie im Jahr 1995. Doch wer diese Grenzen nun durch die Teilung des Landes erhärten möchte, setzt wohl oder übel den Plan der Kriegsverbrecher fort.

 

Wer von Islam in Europa und ganz besonders am Balkan spricht, der spricht von einer Religion, welche hier seit Jahrhunderten besteht und für viele wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, aber auch der Identität ist, ebenso wie dies für das Christentum unterschiedlicher Konfession, oder auch das Judentum unterschiedlicher Herkunft (Aschkenasim oder Sephardim) zutrifft. Selbst 550 Jahre osmanische Herrschaft in Europa konnten keine breite Islamisierung der betreffenden Gebiete herbeiführen. Bosnien und Herzegowina war und bleibt ein Land vieler Ethnien, denen man immer noch einzureden versucht, dass sie nicht miteinander könnten. Wozu dies führt haben wir leider allzu oft gesehen. Doch abseits der politischen Stimmungsmache ist den meisten Bosnierinnen und Bosniern klar, dass die alten politischen Eliten ausgedient haben und nur lösungsorientierte Arbeit für die Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger das Land in Richtung Stabilität und Integration innerhalb Europas voranbringen kann. Die FPÖ würde also gut daran tun, seine Ratgeber besser auszuwählen und zu überlegen, ob es das für die Stimmen von ein paar serbischstämmigen Nationalisten in Österreich wert ist. Die Mehrheit der serbischen Community fällt nämlich ohnehin nicht auf diese Propaganda rein. Und was jene betrifft, die ihre Entscheidung bei Wahlen tatsächlich von den Empfehlungen ausländischer Politiker abhängig machen, so ist dies sicher kein Zeichen ihrer „gelungenen Integration“, wie H.-C. Strache es im Interview mit RTRS nannte.

 

Salih Seferović, B.A. im Namen der BÖJ

 

Quelle: http://rtrs.tv/vijesti/vijest.php?id=270926